Achja… Eigentlich wäre es ja wieder an der Zeit, die Tage bis zur nächsten Wildfrauenreise in den Norden zu zählen, aber das Leben hat wie so oft andere Pläne, dieses Jahr im weltweiten Ausmaß! Heuer bleibt es wohl bei Urlaub in Österreich, was für mich gar nicht so leicht ist, da ja wildzelten nicht erlaubt ist! Wo findet frau auch bei uns die Möglichkeit, ihre Wildfrauen-Grundbedürfnisse wie Naturstille, Wald, schlafen unter den Sternen und Feuer machen zu verwirklichen, was in Schweden so ganz natürlich geht? Zum Glück habe ich etwas gefunden, auf das ich mich freuen kann, aber hier nun aber erstmal die Fortsetzung meiner wundervollen Zeit auf der einsamen Insel letztes Jahr…
Da war ich nun auf meiner Insel, wow. Das schöne Wetter hatte mich wirklich überrascht! Erstmal den Kocher herausgeholt und Kaffee gemacht auf einem Aussichtsfelsen, von denen es hier ja reichlich gab. Hach. Ich war in Schweden. Auf einer einsamen Insel. Nur der Wald, die Felsen, der See und ich. Naturstille, sonst nichts.
Da alles schön nass war, bastelte ich erstmal eine Wäscheleine aus den Ersatz-Schnürsenkeln und hängte den Berg Kleidung von gestern zwischen den Bäumen auf. Das Wasser war erstaunlich ruhig, welch ein Gegensatz! Wollte mir heute noch Brennholz vom Campingplatz holen und machte mich nur mit dem nötigsten im wasserdichten Packsack auf den Weg. Wasser brauchte ich wie immer nicht mitzunehmen, denn das Häferl in den See tauchen genügte vollkommen. Brauchte schon einige Zeit bis zu der Bucht, wo es wieder ruhiger wurde. Im Vergleich zu gestern war das Paddeln das reinste Kinderspiel und im Sonnenschein so unglaublich schön! Es ging schon noch Wind und ich kam immer wieder ins Trudeln, wo das Boot nicht unbedingt das machte, was ich wollte, aber ich kam an, schaffte es auch gut anzulanden und auszusteigen, ohne aufzusetzen. In einer ruhigen Bucht machte ich Pause und aß meine mitgebrachten Brote. Und baden war ich, wie herrlich!!! Kein Mensch zu sehen oder zu hören und einfach nur nackt in die Fluten tauchen, den ganzen Reiseschmutz abwaschen! Wer brauchte da eine heiße Dusche, wenn es das hier gab? Ich lachte und jauchzte vor Glück, genau so hatte ich mir das vorgestellt!
Irgendwie war es merkwürdig an dem Campingplatz, sah auch kaum Leute, nur von der Ferne und musste feststellen, dass die Rezeption nur von 9-10 offen hatte, nun war es 11, ich war von 9-12 offen ausgegangen… nun ja… Wieso holte ich mir eigentlich das Brennholz nicht aus dem Wald, da gab es ja reichlich… Auch wieder eine Erkenntnis, zurück zum Boot und zurück zur Bucht, denn mittendrin war mir siedend heiß eingefallen, dass ich mein Handtuch dort nach dem Baden hatte liegen lassen… super… hoffentlich war es noch da! Der See war einfach unglaublich schön, so blau, so weit, der Wald ringsum… Und ich mittendrauf! Sang wieder Lieder, weil mir das half, einen guten Paddelrhythmus zu halten, den ich brauchte, um einigermaßen voran zu kommen (aber warum machte ich mir eigentlich diesen Stress, es war doch vollkommen egal, wann ich auf die Insel kam, es war ja nicht so, dass ich dort einen Termin hätte oder so…)?
Das Handtuch war zum Glück noch da (nun gut, es waren mir keine Leute irgendwo aufgefallen und auch während der nächsten Tage sah ich nur eine Handvoll Menschen von der Weite) und zurück auf meiner Insel machte ich mir erstmal einen Kaffee, bevor ich Mittagessen kochte und dann ein Schläfchen hielt. In der Bucht hatte ich Feuerholz gesammelt vom Strand und dem Wald und das war sehr feucht. Hatte es auf den Felsen ausgebreitet zum Trocknen. Blöd nur, dass es regnete während meines Nickerchens… Bis zum Abend wurde der Großteil dennoch so was wie trocken und ich legte es in mein Tipi. Erkundete die Insel, es gab einen kleinen Pfad ringsum, wo ich ca. 10min brauchte um die Insel zu umrunden, daneben gab es felsigen Strand, mal mit ganz glatten runden Steinen, kleineren Kieseln und richtig großen Brocken. In der Mitte war Wald und eher moorig. In der Nähe vom Zelt hängte ich meine Hängematte auf, legte mich auch mal rein und ließ mich vom Wind schaukeln. Nach dem Sonnenschein frühs war es schnell zugezogen und die Wolken flogen, immer wieder gab es Schauer und beim Erkunden der Insel fand ich zwei Felsen, in die ich mich hineinquetschen konnte, um einigermaßen trocken dem Regen zu lauschen! Auch in der zweiten Nacht schüttete es in Strömen und es war auch eine eher unruhige Nacht…
Am dritten Tag wechselte das Wetter alle 5min von Sonne, über Wolken, Wind zu Regen, Niesel, grau, Sonne und wieder von vorne… meine Laune tat das gleiche… Nach einem gemütlichen Frühstück auf meinem Aussichtsfelsen saß ich unschlüssig vor meinem Zelt. Was sollte ich jetzt machen? Musste ich denn irgendwas machen? Eigentlich nicht… Ich könnte genauso gut den ganzen Tag im Zelt hocken, wenn ich wollte. Der Wind war ziemlich stark und die Wellen recht hoch, ich hatte ordentlich Respekt davor! Manchmal wurden sogar die Steine von meiner Tipi-Konstruktion gerissen und die Planen flatterten ordentlich! Es kam nicht wirklich ein Impuls, was ich tun wollte. Mir kam der Gedanke, dass ich das gar nicht gewohnt bin, nichts zu tun zu haben. Erstmal runter kommen zu müssen von dem vollen Terminkalender und den ganzen Verpflichtungen.
Mich nervte nur die Flatterplane! Also machte ich mich wieder ans Insel-Erkunden und kam in einen schönen Flow aus herumstreifen, sitzen, schauen, woanders hingehen, sitzen, schauen, dem Regen lauschen unter dem Felsen, einen Stab finden und ihn mit Federn verzieren (die und ein Band fand ich an verschiedenen Stränden). Starken Regen wartete ich wieder im Zelt ab, schrieb Tagebuch und kuschelte mich in meine Schlafsäcke (hab ich schon erwähnt, dass ich zwei davon mithatte und auch ein Plüschtier, ich glaube so luxuriös habe ich noch nie in Schweden geschlafen, es war echt fein und warm!). Manchmal kam nach einem kurzen Schauer die Sonne heraus, da hatte ich dann Lust auf Wildfrauenfotos mit Selbstauslöser, rannte also lustig auf der Insel herum und machte Fotos von mir.
Mir war nun schön warm vom Herumrennen und an einem der Strände zog ich mich aus, ging ein wenig baden und sonnte mich auf den Felsen bis die nächsten Wolken und der nächste Schauer kam… so ging das irgendwie den ganzen Tag… Am Zeltplatz fühlte ich mich hingegen immer unwohler, da dort der meiste Wind ging und ich z.T. die Plane festhalten musste. Das Geräusch nervte mich immer mehr. Beim Kochen hatte ich schon Angst, die Flamme des Spirituskochers nicht mehr löschen zu können, so sehr stürmte es dort! War mehrmals auf der Suche nach anderen Zeltplätzen gewesen, fand aber nur einen im Norden der Insel wirklich ansprechend und vor allem im Windschatten! Hatte den ganzen Tag schon hin und her überlegt, ob ich wechseln sollte, aber derweil keine Lust auf Abbau, Herumgeschleppe und Wiederaufbau gehabt. Im Nachhinein machte ich mir dann so Gedanken wie: Wie lange hältst du es in Situationen aus, die dich nerven, bevor du etwas tust? Wann reichts dir? Erträgst du es einfach oder setzt du Konsequenzen? Und das nicht nur in Flatterplanen-Situationen, sondern im Alltag, mit der Familie, in der Arbeit?
Ich war nun so wütend auf den Sch…Wind, dass ich mir kurzerhand abends die Sachen schnappte, irgendwie zusammenknüllte und rübertrug, durch den Wald auf die andere Seite. Baute das Zelt ab, das mir im Sturm fast davonflog und lief nochmal. Den Rest schleppte ich zum Boot (wobei mir die Essenstonne erst runterfiel und alles herauspurzelte…) und fuhr es in Windrichtung zum anderen Strand. Letztlich brauchte ich eine knappe Stunde für alles, dann saß ich im Zelt und es war – einfach nur herrlich ruhig! Unglaublich! Was das ausmachte! Nix flatterte und nervte mehr, weil mich der Wald nun schützte! Auch das Holz war unter dem neuen Tipi sicher verstaut, wenn auch nach wie vor feucht, weil es keine wirklich trockene Stelle gab außerhalb der Felsen.
War so überschwänglich, dass ich noch eine Runde mit dem Kanu um die Insel drehte – dachte, das dauert ja nicht lange, aber das täuschte dank dem Wind… Ich brauchte ne Stunde um die Insel, musste ja auch Abstand zu den Felsen halten, um nicht aufzusitzen und hätte fast die Kurve nicht gekriegt, um das Boot in die richtige Richtung zu lenken. War ich froh, als ich wieder am richtigen Strand war… Also der Wind war echt nicht zu unterschätzen, wenn frau allein mit dem Kanu unterwegs war…
Der Abend brachte klaren Himmel und goldene Wellen. Ich saß staunend am Strand und schaute ihnen einfach nur zu! Beobachte, wie das Licht sich veränderte, die Farben, wie unterschiedlich Wasser aussehen konnte! Als die Sonne weg war, richtete ich mir die Feuerstelle her, legte das Holz bereit und schaffte es auch mit herumliegender Birkenrinde, ein Feuer zu entfachen, es rauchte, weil doch noch vieles feucht war, aber es klappte! Irgendwie war ich immer noch sehr unruhig, konnte gar nicht einfach nur am Feuer sitzen, sondern zappelte herum, wollte schlafen und konnte es doch nicht.
Nahm es so an wie es eben war, diese Unruhe in mir, irgendwie auch überschwängliche Freude an dieser Insel und an Schweden, es fühlte sich so unglaublich an, wirklich hier zu sein! Dieser Sehnsucht gefolgt zu sein, so dankbar, dass es möglich war! Ließ das Feuer ausgehen und holte meine Schlafsachen aus dem Zelt. Legte mich einfach an den Strand und schaute in den Himmel. Die ersten Sterne erschienen am nachtblauen Himmel, die Dämmerung schien ewig zu dauern. Konnte gar nicht aufhören zu grinsen, so schön war das, so flauschig in den Schlafsäcken trotz dem kühlen Wind, das leise Plätschern der Wellen wiegte mich in den Schlaf… wachte immer wieder mal auf und es wurden immer mehr Sterne, einzelne Wolken waren da und ich konnte nicht sagen, ob sich nun die Sterne oder die Wolken bewegten über mir. Als ich mich umdrehte, ging am anderen Ufer des Sees gerade die abnehmende Mondin auf und ihr Licht ergoss sich wie flüssiges Gold auf dem schwarzen Wasser! Wahnsinn! Wow! Ich schlummerte dann immer wieder ein, bis mich irgendein Tier weckte. Es waren viele Wolken da und ich ging lieber ins Zelt! Wohlweislich, denn es regnete noch in der Nacht…
Der nächste Tag brachte zunächst auch chaotische Gedanken und dass das Glück manchmal nicht zu fassen ist und sogar überfordern kann! Das hätte ich mir nicht gedacht! Ich meine, alles, was ich wirklich brauchte, war da, ich war auf dieser wundervollen Insel in meinem Lieblingsland, was war los? Brauchte ich einen Plan, einen Impuls aus meinem Inneren? Ich merkte, dass ich lethargisch wurde, solange ich keinen Impuls hatte und somit unruhig und planlos war. Sobald ich einen Impuls, einen Ruf der inneren Stimme vernahm, hatte ich eine Ausrichtung, einen Fokus, einen Plan, der mich ins Handeln brachte. Nur wie bekam ich den Raum, dass so ein Impuls sich überhaupt zeigen konnte unter all den Gedanken? Wie in die Stille kommen? An diesem Tag ging es mir so, dass ich erst ruhiger wurde, als ich den Impuls hatte, hinüber dem Festland zu paddeln und eine Runde zu Fuß zu gehen. Sobald dieser Impuls da war, ließ ich alles ganz ruhig und langsam angehen, atmete viel tiefer, nahm die Dinge wirklich war, machte nicht alles gleichzeitig, sondern nacheinander. Immer wieder kamen leichte Regenschauer und Windböen, zum Glück war es zum anderen Ufer nicht weit. Und es tat echt gut, schnell laufen zu können! Die Insel war ja nicht sehr groß… Schön war auch, einfach den Pfaden folgen zu können, Selbstgespräche im Wald zu führen, einen anderen See zu sehen und lustige Mucklahäuser zu finden. Am Rückweg sammelte ich wieder Feuerholz. Jedenfalls hatte ich danach keinen Inselkoller mehr!
Dort machte es mir lange in der Hängematte gemütlich, schrieb Tagebuch, zeichnete und genoss die Sonne und Wolken, ließ die zahlreichen Gedanken fliegen. Über Verbundenheit, meine Mitte, meine Unruhe. Wer sagt denn eigentlich, dass ich mich entspannen muss? Und darf ich nicht einfach so verrückt und durchgedreht sein wie ich will? Abends versuchte ich beispielsweise gleichzeitig Stockbrot am Feuer zu machen, Selfies zu knipsen, Holz zu holen und über den Rauch zu fluchen. Es endete damit, dass ich es bleiben ließ, mich in der Dämmerung in die Hängematte fallen ließ, meditierte und erkannte, dass ich eben ungeduldig bin. Na und?
Was ich auch so gerne mache: tanzen! Auch so ein schönes Beispiel für Schicht für Schicht in Verbindung mit mir kommen. Erst ist mir manchmal noch kalt, dann wird mir wärmer, ich entkleide mich nach und nach, komme in einen guten Flow. Es wird intensiver, die Arme und Beine werden wilder, ich hüpfe, stampfe, lache, mache die skurrilsten Bewegungen, lasse alles raus, bis ich ruhiger werde, ganz bei mir bin. Die Bewegungen werden fließender, träumerischer, stelle mich in den See, berühre das Wasser, bin barfuß am noch warmen Felsen, umarme die Sterne, spiele mit den Wellen, tanze in ihnen mit Händen und Füßen, bin ganz tief auf Mutter Erde, sehe eine Sternschnuppe. Irgendwann bin ich so ruhig, kann den Tanz ausklingen lassen, die Arme ausbreiten und danke sagen zu den Sternen fürs Zuschauen.
Fazit der mittleren Inseltage: Es dauerte, bis ich „runterkam“ von Schnelligkeit und dem Druck, etwas tun und leisten zu müssen! All meine Ideen für die Insel wollte ich gleich am ersten Tag umsetzen und hudelte umher. Irgendwann ließ das alles nach und ich kam wirklich im Jetzt an. Spielen mit Steinen und dem Wasser tat mir echt gut, sinnliches Erleben der Umgebung, bewusstes Wahrnehmen all der Schönheit! Aber auch das Gestalten eines mir passenden Platzes auf der Insel, nichts aushalten müssen, was nicht passt, sondern es ändern können!
Im nächsten und letzten Teil geht es dann um die Frage, wie ich wieder heil von der Insel herunterkomme, von der Angst ins Vertrauen!