Mein Zyklus und die Arbeitswelt

Die Zeichen stehen auf rot – blutrot -mondzeitrot. Sie kündigt sich meist schon Tage vorher an. Meine Familie kann ein Lied davon singen und beim Blick auf die Zyklusuhr an meiner Zimmertür hoffen, dass es bald soweit ist. In Fluss kommen, ins Fließen und Loslassen, weich werden.IMG_20190915_123448_5

Jeder Zyklus ist bei mir anders. Er schwankt zwischen 24 und 29 Tagen, pendelt hin und her zwischen Voll- und Neumondin. Nicht wirklich vorhersagbar. Eine Zeit lang war es stabiler, da habe ich versucht, mir entsprechend vorher schon frei zu nehmen, da ich nur 2 – 3 ganze Tage in der Woche arbeite. Aber oft war es dann genauso, dass ich trotzdem an meinem stärksten Regeltag (das kann der erste, aber auch der zweite Tag sein) arbeiten musste. Toll. Also habe ich das mit dem Planen sein gelassen. Stattdessen meinem Körper vertraut, dass die Mondzeit genau zum richtigen Zeitpunkt kommen wird. Auch wenn ich dann 9 Stunden stehen darf, freundlich zu den KundInnen sein sollte und 20km Rad fahre.

Gegen Ende des letzten Zyklus hatte ich schon das innere Gefühl, dass ich bestimmt an meinem stärksten Regel-Tag arbeiten werde, den darauffolgenden Tag hatte ich auch noch Dienst. Da ich nebenbei ja selbstständig bin, kann ich es mir da zum Glück einigermaßen einteilen. Mir war klar, dass ich mich den Tag vorher schon ausruhen sollte. Mich irgendwo verkriechen, wo ich niemanden sehen würde. Da das Wetter schön war, kam für mich der nächstgelegene Wald in Frage.

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Also schnappte ich mir meine Hängematte und ein paar rote Tücher und ab in die Stille der Natur. Baute mir einen gemütlichen Platz und ließ mich vom Wind schaukeln. Machte einfach gar nichts. Auch wenn das Mondblut noch nicht floss. Die Stimmung in mir war sowieso ganz auf Rückzug, Alleinsein, in-mich-gehen. Reflektieren des letzten Zyklus. Die Unruhe in mir wahrnehmen, leichte Krämpfe und Schwindel.

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Am nächsten Morgen begann mein Mondblut zu fließen. In der Arbeit erkennen meine Kolleginnen das schon an meiner meist komplett roten Bekleidung. Wir sind nur ein kleines Frauen-Team und erzählen es der anderen meist, wenn wir bluten. Unterstützen uns dann auch gegenseitig, dass wir vielleicht Arbeit anders aufteilen, mehr Pausen einräumen, je nach Stimmung Schokolade besorgen oder auch ein Eis. Manchmal fühle ich mich während meiner Mondzeit kraftvoller und verbundener als in anderen Zyklusphasen. Kann ich mich während der Regel nicht ausruhen bzw. muss ich da vermehrt arbeiten, merke ich das in der darauffolgenden Zeit an mehr Müdigkeit, schlapp sein, mich nicht konzentrieren zu können, das Gefühl zu haben, nicht mehr mitzukommen. Diese eigentlich magische Zeit nicht für Visionen, Träume genutzt haben zu können macht mich oft auch traurig. Versuche es dann eben abends, wenn ich im Bett liege, achte auf meine nächtlichen Träume, sitze vorm Altar oder ziehe Karten (hier zb vom Yoni Oracle von Georgina Catling).

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Manchmal scheint mir meine innere Welt, mein inneres Erleben meines Zyklus so gar nicht mit der äußeren Welt zusammenzupassen. Immer gleich funktionieren zu müssen, nach Leistung anerkannt zu werden und nicht für mein reines Sein gewürdigt zu werden. Ich verstehe dann die ganze Welt nicht mehr.

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Ich fände es schön, wenn sich die Arbeitswelt wieder an natürlichen Zyklen orientieren würde – an Mondphasen, den Zyklen der Frauen und des Jahreskreises. Zeiten des Wachstums wechseln ab mit Zeiten des Rückzugs, Ernte, Innehalten, Feiern und Sein. Würde es helfen, für alle Frauen Menstruationsurlaub einzuführen? Ich weiß es nicht. Es sollte generell weniger gearbeitet werden, dann wäre auch genug Arbeit für alle da. Gerade nordische Länder führen ja schon 30-Stunden-Wochen ein. In einem guten Team kann es auch funktionieren, dass frau gut sich gegenseitig nährt. An meinem Arbeitsplatz ist es schwierig, wenn eine plötzlich ausfällt – sei es jetzt aufgrund von Krankheit oder Mondzeit – eine andere muss ihren Dienst übernehmen. Oft kann frau es ja nicht genau vorhersagen, wann es soweit ist, außer sie nimmt die Pille o.ä.
In diesem Zyklus habe ich an den stärkten Regeltagen gearbeitet, ich merke, dass mir das etwas nachhängt, und ich nun in der vor-Eisprungs-Zeit sehr müde und sensibel bin, besonders lärmempfindlich und mit dem Gefühl, nichts auf die Reihe zu bekommen. Kleine Dinge können mich schon aus der Bahn werfen. Da darf ich besonders sanft zu mir sein.

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Wichtig finde ich, dass sich jede Frau in ihrem Zyklus erfahren darf, dass jede anders ist und doch mit ähnlichen Aspekten. Unser Zyklus ist ein guter Spiegel dafür, wie es uns allgemein geht. Hatte ich beispielsweise vor dem Urlaub ziemlich viel Stress, tauchten auf einmal Zwischenblutungen auf, jetzt während Schweden waren sie weg, mein Zyklus sehr viel klarer, regelmäßiger. Jetzt bin ich wieder eher im Stress und gespannt, wie sich das auswirkt. Auch nach vielen Jahren, in denen ich nun schon meinen Zyklus beobachtete, gibt es in jedem etwas Neues zu entdecken, manches ändert sich mit den Jahreszeiten, manches kommt jedes Jahr wieder.

Mit meinen Kolleginnen rede ich offen über meinen Zyklus und manchmal auch mit Kundinnen, da wir auch mal Menstruationstassen verkauft haben. In meiner Selbstständigkeit teile ich es mir mehr ein und weiß, dass ich in der prämenstruellen Phase einfach am produktivsten und kreativsten bin, in der ersten Zyklushälfte eher Buchhaltung mache und Grundfiguren filze.

Für mich hilfreich ist es, wenn ich während der Mondzeit das Gefühl der Verbundenheit dieser besonderen Zeit würdige. In dem ich eben rot trage, mir einen roten Saft mit in die Arbeit nehme, es offen sage, wie es mir geht. Letztlich geht es ums Gefühl. Und das kann ich nahezu überall spüren. Auch wenn es natürlich viel leichter geht, wenn ich gemütlich in einem warmen Bett oder sogar in einer Mondhütte liege. Immer gelingt es auch nicht, vor allem nicht, wenn Krämpfe oder Kopfschmerzen hinzukommen und ich mir denke, wie in aller Welt soll ich denn jetzt ein positives Bild der Mondzeit an meine Kinder vermitteln.

Dieser Blogartikel entstand vor allem anlässlich der Blogparade von Fraulichkeit zum Thema „Menstruation am Arbeitsplatz“ (#Fraulichkeit #menstruationamarbeitsplatz)
Angefangen habe ich ihn am Zyklustag 6, mittlerweile bin ich bei Tag 11, fühle mich eher müde und aufgekratzt (nun gut, es liegt wohl auch an der Vollmondinzeit würde ich sagen). Alles scheint sich in die Länge zu ziehen, so ist der Abgabetermin schon heute, so ganz zufrieden bin ich auch nicht mit dem Artikel, es gäbe noch so viel über den Zyklus und die Arbeitswelt zu schreiben, aber ich lasse es gut sein. Auch das gehört dazu!

In der Zwischenzeit haben sich aber auch noch tolle Dinge ergeben, die mit dem Zyklus zu tun haben – so darf ich im Roten Zelt am Yoga-Dance-Festival im Rosental/Kärnten einen Zyklusworkshop inkl. Filzen einer Mondfrau halten und mit Spielraum Natur gibt es am 27.9. einen Kennenlerntag, wo wir euch gerne mehr über das Naturmentoring für Frauen und andere Angebote erzählen, in denen es auch um Frauenkraft und Zyklen geht! Schaut gerne vorbei!

Hier könnt ihr auch andere, zyklusrelevante Artikel von mir nachlesen: von Zyklusgöttinnen und Mondzeit in der Arbeit

3 Kommentare zu „Mein Zyklus und die Arbeitswelt

  1. Was für ein schöner Bericht … und welch tolle Impulse du da auslöst … denen du selbst nachgehst …. sehr sehr tief gehend … danke …. meine Zeit mit den Zyklen, dem Mondblut, ist um … und, da ich immer alle 21 Tage meine Blutungen hatte, und auch meist 7 oder mehr Tage, war ich anfangs froh, aber heute vermisse ich manchmal diesen Zustand. Es war so … weiblich … fruchtbar … intensiv … Aber nun genieße ich, mich als „alte Weise“ zu fühlen … wobei … die Weisheit darf gerne noch ein bisserl mehr werden … ich bin noch so wild und impulsiv … aufbrausend und laut … von weise und leise noch ein Stück entfernt … aber auch das wird seinen Grund haben … ich lebe und lerne einfach weiter … und bin dankbar … ❤ Liebe Grüße ❤

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