Die Welt in Chaos gestürzt. im Außen wie im Innen. Alle Gefühle durcheinander, was ist da alles in mir an Freude, Wut, Angst, Trauer, unfassbares, Gedankenstau… im Außen fliegende Wollen am Frühlingshimmel, Windböen, kaputte Radlager und Gangschaltungen an Fahrrädern, tanzende Blüten von Apfelbäumen und Traubenkirschen, wie Schneeflocken in der warmen Luft. Sonne und Schatten im rasenden Wechselspiel, genau wie meine Gedanken und Gefühle.
Ich rase durch das blühende, verwehende Beltane-Land. Schmetterlinge und Vögel im Liebestaumel. Liebestrunken wie ich. Sehnsucht nach Ekstase, wildem Tanz unter Vollmond und Sternen, Tiefe, Hingabe. Und doch die Schwere in mir, Erstarrung, die mich hinabzieht in Dunkelheit und Trauer, verharren wollen im Altbekannten. Was wäre, wenn ich mich wirklich hingeben würde? Ohne Angst mich fallen lassen in alles öffnende Ekstase? Was würde sich zeigen? Würde ich es sehen wollen?
Weiter, nur weiter rase ich durch das Land, am Fluss des Lebens entlang, der die Sonne spiegelt und die Lichter tanzen lässt. Will alles hinaustreten in die Pedale, alles hinausschwitzen, was in mir ist, das ich (noch) nicht greifen kann. Hirsche in den Wald hinein und steile Hänge hinauf, einfach weiter und weiter, unter fliegenden Wolken und singenden Bäumen im hellgrünen Kleid.
Lege mich hin auf eine Lichtung mit Blick auf die nahen Berge, sehe den Wolken beim Fliegen zu. Ein Bussard zieht lautlos durch die Bäume hindurch, Espen zittern in der warmen Brise und den unregelmäßigen Sturmböen, die den Wald peitschen, so leicht zu bewegen wie ich gerade.
Entkleide mich, Schicht für Schicht, gebe mich dem Tanz der Nacktheit hin. Verletzliche weiße Haut im grünen Wald. Tanze im Wind mit Kräutern und Blumen, Blättern und den biegsamen Wipfeln der Bäume, lausche dem Gesang der Natur und meines Körpers. Spüre meine Lust und meine Sehnsucht nach Verschmelzung.
Kleide mich nun in mein Rotes Kleid, leuchtendes Rot im grünen Wald, zeige mich als Rote Kraftvolle Göttin, tanze, spüre den leichten Stoff auf meiner nackten Haut, den Wind im Haar, der über mich streicht wie die sanfte Berührung eines Liebhabers.
Spüre meine Verletzlichkeit, mein Klein-Sein im Vergleich des großen Waldes, obgleich ich mich als Teil davon wahrnehme. Rascheln. Angst. Angst, gesehen zu werden in meinem Roten Kleid, als Rote Frau, mein Innerstes, Wildes preiszugeben in all seiner Nacktheit und Unverschleiertheit. Angst alleine als Frau im Wald. Gut versteckt und doch ist jedes Rascheln potentielle Gefahr. Lausche den Vögeln, ob ihr Gesang sich verändert. Spitze die Ohren, halte inne im Tanz. Ziehe unter das Rote Kleid die grüne Hose. Bekleide mich wieder Schicht für Schicht in meine Tarnung. Das Rote Kleid wieder im Rucksack versteckt. Muss die Rote, Wilde, Ekstatische, Freie Frau wirklich versteckt werden? Wann darf sie sich so zeigen wie sie ist und zwar der ganzen Welt, wenn sie es möchte?
In Hose und grünem Shirt sitze ich da, verschmelze farblich mit dem Wald, werde eher übersehen… fühle mich wieder sicherer, geschützter. Allzeit bereit zu fliehen oder mich noch weiter in dichteres Gebüsch zurückzuziehen.
Meine Rote Schale der Weiblichkeit im Wald, umringt von der Blume des Lebens. Pulsierende Lust in meiner Mitte. Stab meiner Männlichkeit, Tatkraft, Stärke lege ich dazu, beschützende grüne Kraft umringt das Weibliche. Gibt genug Raum, dass die Weiblichkeit sich entfalten kann in all ihrem Potential, fließen kann im Flussbett, dass sie trägt und dass sie als Wasser formen kann.
Packe alles wieder in den Rucksack und begebe mich auf den Rückweg… noch immer auf jedes Rascheln lauschend… an sich fühle ich mich wohl im Wald, verschmelze mit ihm. Diesmal war es irgendwie anders… die Rote Frau? Sie will gesehen werden, doch traut sie sich nicht immer, hat Angst, in ihrer Verletzlichkeit entdeckt zu werden, in ihrer Weiblichkeit und Lust? In ihrer Ekstase und Hingabe, braucht einen sicheren Raum dafür?
Als ich aus dem Unterholz wieder auf einen Weg komme, trage ich den Stab mit dir, der mir irgendwie Halt und Schutz gibt…
Nun sitze ich hier in der Dunkelheit der Beltane-Nacht… vor mir strahlt Venus in ihrem glanzvollen Licht… bald wird die Vollmondin aufgehen… ich warte auf sie, ehe ich wieder tanzen gehe… zum Fluss… Werde ich mein Rotes Kleid tragen? Traue ich mich? Traut sich die Rote Frau zu zeigen? Oder lieber die dunkle Tarnung?
Zutiefst berührt … getroffen … erkannt … verstanden … wunder-voll …. Deine Worte … Deine Bilder … Du trägst mich … Danke … aus tiefstem Herzen DANK !!!!
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