Mondzeit im Wald

Es gibt so Tage im Leben einer Frau (bei den Männern bestimmt auch, nur kann ich da nicht mitreden), da will sie sich doch einfach nur in einer Höhle verkriechen, wild ums Feuer tanzen, sich eine Decke über den Kopf ziehen oder irgendetwas Verrücktes tun. Gerne kommen solche Tage ja vor den Tagen. Drachinnenzeit. Mal so richtig Feuer spucken wollen, auf alles, was uns nicht mehr dienlich ist. Am besten Abstand halten von den Mitmenschen. Ab in den Wald.

Manchmal wollen meine Tage einfach nicht kommen, ich bin angespannt und grundlos wütend auf alles und jeden. Eine ganz eigene Energie umgibt mich, ich möchte durchbrennen, heulen, einfach nur meine Ruhe haben, loslassen können, gekuschelt werden und was essen und das alles auf einmal und das kann sich auch im Minutentakt ändern. Sehnsucht nach All-Ein-Sein, in meinen eigenen Mondfluss fließen. Liebevolles Beobachten und Annehmen. Genug sein. Geschehen lassen.

An solchen Tagen ist es schwer, mich zu entspannen oder mich auf irgendetwas zu konzentrieren. Alles zieht sich nach innen, ziehe mich von der Außen- in meine Innenwelt zurück. Ich träume davon, im Mondlicht in einem weißen Kleid auf einer Wiese zu tanzen, in die schon genannte Höhle zu kriechen, gar nichts zu tun oder einfach nur ins Fließen zu kommen, auf das die Mondzeit endlich losgehen möge. Möchte von der Schale meiner inneren Weisheit trinken, umhüllt von einer warmen Decke. Einen Selbstliebe-Tag haben nur mit mir selbst. Auffällig ist auch, dass solche Phasen gerne vor besonderen Vollmonden sind, wie sie im Herbst und Frühling gerne vorkommen in der Finsternis-Saison.

Von einiger Zeit im Herbst hatte ich in so einer Phase glücklicherweise einige Tage frei und so schnappte ich mir meine Hängematte, etwas zu essen und zu trinken und verschwand im Wald. Fand auch ein Plätzchen, wo niemand war und der Lärm der Stadt nicht mehr zu hören war. Zog mir mein weißes Kleid an und tanzte im goldenen Herbstlicht zwischen alten Buchen. Saß einfach nur da und heulte, als mir danach war. Stundenlang war ich einfach nur im Wald, schaute zu, wie sich das Licht veränderte, Schatten wanderten, Spinnweben sichtbar wurden und wieder verschwanden. Abends schaute ich in den Himmel und bewunderte, wie die Mondin zwischen Plejaden und Aldebaran stand.

Tauche in meine tiefsten Schatten ein
auch in der dunkelsten Nacht leuchten die Sternen mir
lasse mich nicht von der Weisheit meiner Körperin abbringen
lebe meinen Fluss und nicht den der anderen,
der die Erde zerstört
möchte Zeit und Heilung bringen
lade Stille in unsere Seelen ein
tiefe Verbindung zu unserer ureigenen wahren Natur
der Liebe und Verbundenheit
in den Tiefen der Wälder finde ich Frieden
und an glitzernden Seen und funkelnden Flüssen
lausche meiner inneren Wahrheit
unter all den Schichten unnützer Gedanken
aus dieser Welt verschüttet
komme zur Ruhe
an meinem inneren Ort der Kraft

Es war schon öfter so, dass, wenn ich dann dieser drängenden Stimme in mir gelauscht und gefolgt bin, ich der Wildfrau in mir Raum gegeben habe, das Mondblut zu fließen beginnt. So war es auch dieses Mal. Am ersten Mondzeittag verschwand ich auch wieder im Wald, lag in der Hängematte, sah dem sich verändernden Licht zu und den Spinnweben. Baute mein Rotes Zelt auf einer Lichtung auf, lag einfach darin und genoss, wie Sonnenstrahlen das Rot zum Strahlen brachten. Tanzte diesmal im roten Kleid. Saß einfach da und schaute und war wie so oft erstaunt, was sich alles tut im Wald. Wie lebendig er ist, wie alles miteinander verbunden ist. Abends sah ich, wie die ersten Sterne erwachten und fühlte mich endlich ruhiger.

In den dunkelsten Stunden
liegt unsere größte Kraft verborgen
wartet darauf
entdeckt zu werden
nach  Schmerz, Verzweiflung,
Wut und Trauer
wenn alles gefühlt ist,
was gefühlt werden wollte
enthüllt sie sich und schenkt uns
neue Hoffnung
doch zuvor müssen wir
die tiefsten Tiefen durchqueren
um zu ihr zu gelangen
unsere große Kraft  und unser Licht
unser inneres Leuchten
verborgen von so viel Last
dieser Welt
wie eine Perle in einer Muschel

Der Wald hatte geholfen, wie immer. Konnte einfach nur sein, genug sein. Gut für mich sorgen, mit mir sein und gestärkt wieder in einen neuen Zyklus hineingleiten. Diesen März fühlte ich mich ähnlich, das Mondblut wollte nicht kommen, ich wurde mit jedem Tag angespannter. Und ich erinnerte mich an die Mondzeit im Wald, spürte mich wieder hinein, auch wenn ich dieses Mal nicht frei hatte und bei Regenwetter auch nicht so gemütlich im Wald hätte sein können.

Möchte sanft ins Fließen kommen
verschmelzen mit mir
mit mir in heilige Zeit gehen
heilige Veränderung
verletzlich sein dürfen
zwischen Raupe und Schmetterling
den Wandel bejahen
zulassen dürfen
mit dem Wald verschmelzen
im Licht der Plejaden baden im Innen
Mondwellen
rollen über mich
die Mondin zieht mich in mein Inneres
Sturmfluten
in meinem Schoßraum
verbinde mich mit meinen Sternenschwestern
um Halt in der Unendlichkeit zu finden
aufgewühlte innere See
die sich langsam beruhigt

Ein Kommentar zu „Mondzeit im Wald

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